Was muss das für ein Typ gewesen sein, dieser Luther? Legt sich mit der ganzen damaligen Welt an. Zweifelt die bestehende Ordnung an. Setzt sich einfach über alles, was damals geltend war, hinweg. Macht den Mund auf und hämmert einfach seine Meinung an die Wand. Auf der Wartburg, wo er als Junker Jörg mal kurz die Bibel übersetzte, können Kinder mit einem gut gemachtem Hörspiel, in seine Zeit eintauchen.

Was hätte Martin Luther wohl heutzutage gesagt? Und wie hätte er sich Gehör verschafft? Kein Trump wäre vor der Wucht seiner Worte sicher gewesen. Und kein IS hätte ihm Angst eingejagt. Soviel ist sicher. Wahrscheinlich hätte er seine Botschaften viral verbreitet, wäre vielleicht in Talkshows aufgetreten. Hätte sicher zwischendurch immer wieder seine Auszeiten genommen, um seine Gedanken zu sortieren, zu meditieren, der Wahrheit auf die Spur zu kommen. Luther, das war ein Mann der kleinen Leute, der zwar gebildet, aber nicht machtgierig war. Der nicht an sich selber dachte, sondern eine gerechtere Weltordnung herbei predigte: Fegefeuer – gibt es nicht. Ablässe – nichts als Einnahmen eines skrupellosen, verkommenen Klerus. Einer, der kein Blatt vor den Mund und die Leute ernst nahm. Der sagt, dass jeder seine Liebe zu Gott mit sich selbst ausmachen könne und sich nicht den Buckel krumm schuften müsse, um Geld für Ablässe beiseite zu schaffen. „Pfaffen sollen beten, und nicht regieren“, soll er gesagt haben. Was für ein Typ, dieser Luther. Einer der Frieden predigt in einer Epoche, die die Zeitgenossen vor 500 Jahren bestimmt nicht minder bedrückend empfunden haben dürften als viele heute die unsere.

Und dann startet Luther in ein (wenngleich etwas unfreiwilliges) Sabbatical von seinem umtriebigen Mönchsleben und verschanzt sich zehn Monate als Junker Jörg getarnt auf der Wartburg. Und was macht der Kerl? Statt sich des Lebens zu freuen, das Friedrich der Weise dankenswerter Weise vor dem Kirchenbann gerettet hatte, nutzt der Kerl die Zeit der inneren Einkehr erst richtig und übersetzt schwups in einer Rekordzeit von nur elf Wochen die Bibel! Revolution. In die Sprache der kleinen Leute. Verständlich. Kein Geheimwissen mehr. Und dank der etwa 70 Jahre zuvor von Johannes Gutenberg erfundenen Druckerpresse verbreiten sich die Exemplare unaufhaltsam – und der Zweifel an der Unfehlbarkeit der elitären Geistlichkeit gleich mit.

Kein Wunder also, dass die Wartburg als eines der berühmtesten Bauwerke Deutschlands gilt und täglich Busladungen an Besuchern in die Burg gekarrt werden.

Wir haben uns für unsere Auszeit vorgenommen, Paul, Fannie und Liv zu zeigen, dass man für seine Überzeugungen einstehen muss. Dass Respekt und Toleranz das Zusammenleben der Menschen ausmacht. Dass „anders sein“ nichts Schlimmes ist, sondern das Leben vielfältiger und reicher macht. Dass Zusammenleben nur funktioniert, wenn man offen ist und aufeinander zugeht. Daher war die Wartburg und Luther für uns eine wichtige Reisestation, denn er ist in seiner Zeit unter Bedrohung seines Lebens dafür eingetreten, dass die Welt sich zum Besseren wende.

Und die Kids haben sich von den monumentalen Eindrücken der Burg und vom Wirken dieses Mannes fesseln lassen.

Abends gehört uns die Wartburg ganz allein.

Nicht zuletzt, weil wir mit einem wirklich gut gemachten Hörspiel für Kinder durch die Burg gepilgert sind. Der Audioguide hat die Kids über 16 Eselchen-Etappen durch die Burg und das Leben von Martin Luther auf der Wartburg geführt. Der kleine Eseltreiber Johannes, der auf der Wartburg lebt, als sich dieser Mann, gut gekleidet und offensichtlich gebildet, bei Nacht und Nebel und begleitet von Rittern, der Burg nähert, erzählt den Kindern Luthers Geschichte. Johannes bringt Luther abends in seiner Schreibstube sein Glas warme Milch und erfährt dabei so Einiges aus dessen Leben. Er sieht das erste mal ein gedrucktes Buch und erfährt, dass man lesen können muss, um zu verstehen, was da auf dem Papier gedruckt ist. Johannes will am Ende der Audiotour selbstverständlich selbst lesen lernen – und hat es gewiss geschafft, so neugierig und aufgeweckt, wie er Luther in den kurzen Episoden des Audioguides ausgefragt hat.

Der Blick in die Bibel.

 

Paul, Fannie und sogar Liv (5) haben bis zum Schluss (Liv dann allerdings langsam nicht mehr aufnahmefähig) die Episoden aufmerksam verfolgt! Dazu gibt’s noch eine keine Lektüre für Kinder, die dasWissen vertieft. Die Wartburg und das Audioprogramm – wir empfehlen den Besuch ausdrücklich. Kosten: 12 Euro für Erwachsene, Schüler 5 euro, bis 6 Jahre frei). Tickets und Infos zu Veranstaltungen: www.wartburg.de

 

Paul, Fannie, Liv und mir wurden die Eintrittspreise aufgrund der Berichterstattung auf AUF NACH NEULAND erlassen. Unser Urteil darüber hat diese Vergünstigung nicht verändert.