Unser Wohnmobil will nicht? Aber wir! Dann eben anders. Wie wir unsere Pläne über Bord warfen und endlich wieder Luft holen konnten.

Wenn’s stimmt, dass Abenteuer beginnen, wenn die Pläne aufhören, stecken wir mindestens knietief mitten drin. Bislang hat nämlich von unseren Plänen so gut wie nichts funktioniert. Allein das erhoffte Adventure-Feeling stellt sich einfach nicht ein. Gestern hat uns wieder eine Botschaft erreicht, die uns erst einmal ausgeknockt hat. Und dann haben wir unsere Badesachen gepackt und sind mit den Kindern an den Steinfelder Weiher gefahren. Wir waren den ganzen Nachmittag im Wasser. Mit Tretbötchen fahren mit Oma und Schwimmen mit Lauren. Und damit haben wir den ersten wirklichen Ferientag hingelegt – und zwar ausgerechnet am ersten Schultag des neuen Schuljahres. Und später am Tag haben wir dann endlich eine Entscheidung getroffen!

Selbst der Werkstattleiter traut sich nicht mehr, uns seine Horrorbotschaften persönlich mitzuteilen.

Doch erst einmal erzählen wir Euch noch, was eigentlich los ist. Unser ganzer Stillstand dreht sich um unser Wohnmobil. Sieht gut aus, hat aber einen entscheidenden Nachteil – es fährt nicht. Auf meine letzte SMS an den Werkstattleiter: „Hallo Herr S., ist das Getriebe da? Wann kann Andi den Wagen abholen und anmelden? Mit der Bitte um eine rasche Antwort“ antwortete er mit einem tagelangen Schweigen. Als Andi telefonisch nach dem Stand fragte, kam er mit betretener Miene zurück. Der Werkstattleiter hatte sich nicht getraut uns mitzuteilen, dass die bestellten und aus Portugal und England angereisten Getriebeteile nicht passen und sie nun auf der Suche nach einem gebrauchten Getriebe für das Wohnmobil sind. Dauer unbekannt. Kosten ebenso. (Anmerkung: Die Werkstatt tut aus unserer Einschätzung alles, was getan werden muss, um das Womo ans Laufen zu kriegen. Es soll nur irgendwie nicht sein.)

Paralysiert in einer Wartewelt

Seit einem Monat sind wir in Limbach – einem winzigen Dorf im Westerwald – und haben uns ein bisschen in die Menschen und die Landschaft verliebt. Die Kinder haben den Sommer in vollen Zügen genossen. Sie haben hier alles, um glücklich zu sein. Sie waren in unserem kleinen Fluss schwimmen, haben im Wald Häuser gebaut, Paul hat gewerkelt und gebastelt, ist Traktor und Dumper und Quad gefahren, Fannie und Liv haben das Land erlebt, sind mit dem Hund durch die Wälder gelaufen, haben gelesen und gemalt und sich lustige Geschichten einfallen lassen. Wir haben drei Geburtstage gefeiert und es war so viel los, dass wir kaum zum Luftholen und zum Nachdenken gekommen sind.

Allein Andi und ich waren wie paralysiert. Ständig hatten wir neben allem Arbeiten und WLAN-Suchen im Hinterkopf, dass wir warten. Seit fünf Monaten schon. Ständig zwischen der Hoffnung, dass das Womo bald fertig wird und dem Erwachen, dass es ausgeweidet in der Werkstatt selbst den Mechanikern die Tränen in die Augen treibt. Das Warten hat uns zermürbt, gelähmt, uns nur noch um uns selbst kreisen lassen, uns ganz selten einmal die Augen öffnen und offen sein lassen für das, was sich hier zeigt. Ich habe so viele Geschichten im Kopf. Ich möchte Euch so viel zeigen, den Wald und die Hütten, die die Kinder gebaut haben. Die Pilze, die sich durch den Waldboden drängen, das Dorf, wie es in seinem Dornröschenschlaf liegt, mit geschlossenem Gasthof „Zur Post“ und dem kleinen Dorfladen, der nichts mehr zu bieten hat als eine vergilbte Schaufensterscheibe. Ich würde Euch gerne von den Menschen erzählen, die so großzügig und hilfsbereit sind, von den Kräutern, und ihren Heilwirkungen, die sie wir schon kennengelernt haben – aber über allem kreist das Schreckgespenst des Stillstands, den das in Stücke zerlegte Wohnmobil verbreitet.

Aufbruch, zweiter Akt

„Kreiste“. Heißt es ab heute. „Verbreitete“, sage ich ab jetzt. Denn wir haben uns an unsere Tugenden erinnert. Wir brechen auf. Auch ohne Wohnmobil. Wir nehmen die Zeichen an. Wir planen um. Wir besinnen uns auf das, was wir haben. Morgen holen wir unseren alten T3 ab, den wir einem Freund geliehen haben, und machen ihn startklar. Das meiste, das wir mitnehmen wollten, muss hier bleiben. Aber das Wichtigste haben wir dabei, und genau deshalb wollten wir los: „Wir haben uns!“ Und das reicht, um endlich auf Entdeckungsreise zu gehen.

Danke, Uli, dass wir den Bus wieder haben dürfen.