Nur noch 180 Tage bis zum Take-off. Es gibt noch ungeheuer viel zu tun, aber Einiges haben wir bereits erledigt. Ein Statusbericht.
Mindset – oder die Einstellung zum Leben
Der Startschuss für die Reise fiel im März 2016. Andi sagte plötzlich „Ok, wir machen es“. Und ich wusste sofort, was gemeint ist. Wir würden auf Reisen gehen. Seit Beginn unseres Zusammenseins schwirrt der Plan in unserem Kopf, aber lange haben wir uns gesagt: „Es geht nicht.“ Eltern, die in einem hohen Alter sind, sodass wir sie nicht alleine lassen können, Jobs, die getan, Rechnungen, die beglichen, Kinder, die in die Schule müssen. Und es gab genug weitere Gründe, Daheim zu bleiben. Zudem sind wir als Kölner in der traurigen Lage, genau in der richtigen Stadt zu leben, und das gerne. Freunde, das Flair, unser Veedel – so richtig gab es nie einen Grund, eine längere Zeit auf Reisen zu gehen. Dennoch: Die Sehnsucht danach, einmal etwas ganz anderes zu tun, dem Alltagswahnsinn für eine Zeit zu entkommen, auf Abenteuertour zu gehen, unsere Kreativitätsreservoire aufzufüllen und Inspiration zu tanken, unsere Heimat Europa anzuschauen und natürlich Zeit für Familie und uns zu haben – all das blieb ebenfalslls als teil von unseren Sehnsüchten in uns verschlossen.
Bis zu eben jenem Tag im März letzten Jahres. Gerade hatte der Nachrichtensprecher den Tod Guido Westerwelles verkündet. Gestorben im Alter von 54 Jahren. Obwohl wir politisch nicht auf einer Welle schwammen, hat uns sein Sterben doch getroffen. In einem seiner letzten Interviews berichtete er im Spiegel, wie es sich anfühlt, schwer krank zu sein und nicht zu wissen, ob man überlebt. Vielleicht und wahrscheinlich ist es uns so nahe gegangen, weil wir selbst nicht mehr ganz jung sind und wir den Tod in unserem Umfeld bereits als unberechenbaren Killer kennengelernt haben. Wir beschlossen, dass unser Leben jetzt stattfindet.
Kurz nach der Entscheidung
Immer wieder überkamen uns Selbstzweifel, ob ein solches Vorhaben zu schaffen ist. Manchmal habe ich mich auch dabei ertappt, mir vorzustellen, wie wir im Dauerregen auf den Straßen einer nordenglischen Industriestadt entlanglaufen – und dachte bei mir, „spinnst Du eigentlich, Dein schönes Zuhause aufzugeben.“ (Diese Stadt werden wir jetzt einfach meiden). Nein, tatsächlich, auch nach der Entscheidung standen immer wieder Zweifel im Raum. Nachdem wir dann aber klar und im Reinen waren, haben wir die Kinder recht bald über unsere Pläne informiert. Und wer jetzt denkt, die haben ihre Freude in Luftsprüngen Ausdruck verliehen, der irrt. Sowohl Paul als auch Fannie haben in der ersten Zeit immer wieder geweint. Paul tröstete sich nach dem ersten Schock rasch mit der Internetrecherche nach Wohnmobilen – wobei ihm stets Modelle ab einem Preis von 100.000 Euro aufwärts so richtig gut gefielen. Fannie plagte sich mit existenziellen Sorgen, weinte immer wieder, weil sie Angst hat, dass wir arm werden. Tja, was sagt man da? Wir wissen es ja auch nicht mit hundertprozentiger Gewissheit, ob alles gut geht. Wir nahmen ihr auf jeden Fall ihre größten Sorgen, übrig blieb und bleibt auch jetzt noch die Sorge, dass sie ihre Freundinnen verliert und sie fährt nicht mit, wenn es keine Anschnallgurte für jeden gibt. (So unterschiedlich werden Prioritäten gesetzt) Liv mit ihren vier Jahren ist noch ziemlich frei von Ängsten – interessant zu beobachten – und hat glaube ich die Tragweite der Entscheidung noch nicht so recht verstanden. Gut so.
Den Freundeskreis haben wir relativ bald informiert. Mit der Familie war es schwerer. Ich habe nur noch eine Mutter, die mit ihren 86 Jahren zwar topfit, aber dennoch in einem fortgeschrittenen Alter ist. Andis Eltern (80 und 86 Jahre alt) haben zumindest noch einen Sohn, der sich weiter um sie kümmert. Dennoch, die Ankündigung der Reise war nicht ohne. Während meine Mutter unsere Pläne recht cool aufgenommen hat, weil sie durch frühere Langzeitreisen an Einiges gewöhnt ist (Reisen nach Indien und Nepal, Diplomarbeit in Kenya, Praktika in Argentinien und Kenya, Mit Bus und Bahn von Köln bis nach China). Sie sagte nur ganz klar: „Ich besuche Euch nicht, dafür bin ich zu alt.“ (An dem Thema arbeite ich aber weiterhin.) Andis Eltern hingegen haben ihr Schicksal immer noch nicht ganz akzeptiert, auch wenn die Pläne langsam durchsickern. Das Schlimmste für Großeltern ist selbstverständlich, dass sie ihre Enkel eine Zeit lang nicht sehen. Als Kompromiss und um den Großeltern ihre Enkel nicht ganz zu entfernen, und den Kindern die Omas und den Opa zu bieten, werden wir wohl ab und an einen Zwischenstopp in Köln einlegen. Soviel Entgegenkommen ist für uns ok. Zudem werden wir versuchen, die analoge Generation mit Tablet und Skype in Berührung zu bringen, um sie auf die Reise mitzunehmen. Das Unterfangen Tablet und Skype wird sicher einiges an Geduld erfordern.
Die Schulen und Kindergarten
Schon vor den Sommerferien hatten wir das erste Gespräch mit den Lehrern von Paul und Fannie. Es war uns wichtig, die Schulen früh mit ins Boot zu holen. Zum einen, um der Schule die Möglichkeit zu geben, sich mit dem Gedanken anzufreunden, zum andern aber natürlich auch, weil wir eine Schulbefreiung der Kinder erreichen wollten. Die Reaktion: Lehrer, Unterstufenkoordinatorin und die Direktorin waren begeistert. Wir haben sofort gemeinsam gebrainstomt, wie Paul mithilfe des Blogs mit seinen Mitschülern in Kontakt bleiben kann und Fannie ihre neue Klasse (sie wäre in der 5. Klasse und würde ihre neuen Mitschüler erst kennenlernen). Die Lehrer haben sich völlig ohne unser Zutun sofort bereit erklärt, uns per Email über die Lehrinhalte auf dem Laufenden zu halten. Wir hatten Gespräche mit der Unterstufenkoordinatorin und der Direktorin – und auch hier, viel Verständnis und das Zutrauen, dass wir unseren Kinder auf der Reise unterrichten können. Das Schulamt sah das dann allerdings anders und argumentierte rein juristisch gegen die Schulbefreiung. Schulbefreiung abgelehnt.
Unsere erste Reaktion: Dann melden wir uns aus Deutschland ab. Nun sind wir nach Kontakt mit Gabi Reichert von den 5Reicherts und der deutschen Koordinatorin der Ausslandsschule Clonlara doch noch einmal umgeschwenkt. Das Risiko der Abmeldung ist uns zu groß. Vor allem trifft es nicht auf unsere Belange zu, denn wir haben weiter unseren Lebensmittelpunkt in Köln und planen nur eine befristete Auszeit. Zudem arbeite ich von unterwegs und habe meine Kunden in Deutschland, was mich hier voll steuerpflichtig macht – warum sollten wir also die Strapazen einer Abmeldung auf uns nehmen. Unsere Lösung heißt, wir sind beruflich Reisende.
Finanzen
Das liebe liebe Geld. Wir haben 2016 extrem viel gearbeitet und alles gekündigt, was auf unseren Kontoauszügen erschien und nicht unbedingt notwendig war. Den Säuberungsaktionen sind leider auch unsere karikativen Spenden zum Opfer gefallen und auch unsere Zeitungsabos – aber wir geloben, wieder in die Spenden einzusteigen, sobald wir absehen können, dass wir über die Runden kommen. Leider sind wir weder Excel-Gläubige noch Haushaltsbuch-Begeisterte, werden aber in den nächsten Wochen und Monaten weiter am Thema Finanzen optimieren, sprich, verkaufen und einsparen, was und wo geht.
Kunden
Meinen PR-Kunden habe ich nach und nach mitgeteilt, dass ich ab Sommer unterwegs sein werde. Da ich auch auf der Reise arbeiten werde, heißt das für einen Kunden, dass ich ihm als digitaler Nomade auch im Jahr 2017/2018 weiter beliefern werde (wenn auch eingeschränkt). Andere Kunden übergebe ich langsam Kollegen. Wichtig war und ist für mich dabei, dass sie alle weiter betreut werden und keine Nachteile durch unserem Freiheitsdrang erfahren. Die Kunden haben übrigens fast durchweg positiv reagiert. 2017 geht gut los!
To Dos
Aktuell stehen folgende Themen an:
- Blogaufbau
- Womokauf
- Auseinandersetzung mit dem Thema Freilernen
- Unfertiges Badezimmer angehen, um
- Haus zu vermieten
- Erste-Hilfe-Kurs
- Malkurse für Andi, Fannie und Liv. Besonders Andi möchte seine Zeichenfähigkeiten wieder auffrischen, um unterwegs zu zeichnen.
- Programmierkurs für Paul
- Fitness für Andi und mich. Wieder mehr klettern und laufen – damit wir fit sind auf der Reise und viele unberührte Kletterspots anfahren können
Liebe „Mo“, ich freue mich, dass die Twitter-Welt mir bekannt gegeben hat, dass Sie mit Ihrer Familie auf Reisen gehen. Ich liebe solche Geschichten, wie Tatkraft und Mut den Träumen Flügel verleihen. Meine besten Wünsche für diese Reise. Alles Gute, Ihre Heike Weigand.
Das st ja nett! Wir freuen uns, wenn Sie uns begleiten und ab und an unsere hoffentlich inspirierenden Geschichten lesen, hören, sehen… Ich komme übrigens auf die INTERGEO 🙂 Da sehen wir uns wahrscheinlich live. Liebe Grüße. Mo