Endlich bin ich auch online. Mein analoges Leben war zwar ganz okay, aber wenn alle bloggen, will ich auch! Ihr dürft’s nicht weitersagen, aber selbst wenn ich meistens so tue, als ob ich döse, mit meinem Rudel kuschele oder auf dem Rücken liege und vermeintlich in die Luft gucke, habe ich eines meiner Flauscheohren immer auf Empfang gestellt.
Ich find’s gar nicht schlecht, dass mich die meisten hier unterschätzen. Alle denken, „Charlie ist so süß“ und „Charlie ist so schön“ und so weiter, aber wisst Ihr was, ich bin darüber hinaus mindestens zweimal schlauer als ich tue. Und ich erlebe so viel, dass ich Euch zumindest auch mal meine Sicht der Dinge mitteilen will!
Ganz ehrlich, so ganz geheuer war mir diese Reisegeschichte von meinem Rudel am Anfang gar nicht. Zwei Monate führte ich das Leben einer Königin. Ich lag vor unserem Palast in Limbach, meine einzige Arbeit war es, mich hübsch zu machen und auf der Straße vor dem Haus zu dösen. Ab und an ging ich meinen Geschäften nach, spazierte tagelang durch den Wald, und ehrlich – kein Mensch kümmerte sich um mich. Andi und Mo arbeiteten ständig hektisch an ihrem grünen Büschen rum und Paul, Fannie und Liv spielten den lieben langen Tag rum. Dann plötzlich hieß es „Hoppedi“ und ich wurde in den kleinen grünen Bus gehievt. Und seither touren wir durch die Gegend. Es ist echt eng in der Kiste. Da haben meine ganzen Kumpels ja stattlichere Hundehütten als diese Blechbüchse. Ich habe eine Hundedecke auf dem Boden, aber glaubt nicht, dass ich mich damit zufrieden gebe. Es ist noch nicht ganz dunkel, da krabbele ich auf’s Bett und wärme Livi die Füße. Dafür wache ich meistens morgens auf, und sie hat ihre kleinen Arme um mich geschwungen und ich kann ihre Träume geradezu fühlen. Mal lacht sie im Traum, dann grinse ich mit, mal weint sie, und dann tröste ich sie. Paul und Fannie schlafen ja oben im Bus und – ganz ehrlich – das wär mir im Moment echt zu kalt. Die zwei quetschen sich immer in ihren Schlafsack und wickeln noch zwei Decken drüber, aber für mich wär das da oben nix. Ich hab ja auch ein bisschen Höhenangst.
Na ja, ganz so schlimm, wie ich am Anfang gedacht habe, ist unser Leben auf der Straße aber doch nicht geworden. Zumindest gibt’s eine Heizung im Bus und ich lege mich immer genau dahin, wo die warme Luft rausgepustet kommt. Mein Rudel ist irgendwie viel entspannter als in den letzten Monaten vor der Reise. Andi schraubt am Büschen rum, Moni hockt vor ihrem Rechner, wenn sie nicht mit uns durch die Gegend zieht. Ich freu mich riesig, dass Paul, Fannie und Liv bei mir sind, mit denen kann man wenigsten richtig spielen. Fannie übt mit mir Kunststücke, Liv zieht mir manchmal an den Ohren und ich ziehe zurück. Mit Paul komme ich super klar, er erklärt mir so einiges über die Überwachungstechnik hier und erfindet jeden Tag ein neues Gerät, mit dem wir uns fortbewegen können. Ich verstehe zwar nicht immer alles, aber wenn der die Dinger irgend wann mal baut, mit denen er jede Nacht auf’s Neue aufwacht, dann werde ich wohl irgendwann einmal in einer größeren Hundehütte leben. Vielleicht in einem kleinen Palast, mit einem Himmel aus Würsten und einem Kissen aus köstlichstem Schweineschinken.
Am besten gefällt es mir, wenn wir alle irgendwo mit dem Büschen stehen. Auf dem Camping, auf einer Wiese. Am schönsten war es bisher an der Elbe, da bin ich immer den Enten nachgejagt – aber gefangen hab ich leider noch nie etwas. Ich bin rumgestreunert und ab und an habe ich einen getroffen, mit dem es beim Spielen richtig abging. In letzter Zeit hat mein Rudel aber einen auf Kultur gemacht. Dauernd ging es in die Stadt, ich wurde in vollgequetschte Busse gehievt, bin mit gelben Straßenbahnen gefahren, musste stundenlang über Asphalt latschen. Einmal wollte mich ein Busfahrer sogar nicht mitnehmen, weil ich keinen Maulkorb trage. Dass ich nicht lache. Seh‘ ich irgendwie gefährlich aus? Wohl kaum, oder? Na ja, auf jeden Fall, Städte werden meine Leidenschaft nicht. Zu eng, zu viele Menschen. Und an jeder Ecke riecht’s nach Gebratenem und Gegrilltem und ich darf nix von der Straße schlecken. Im Restaurant muss unter dem Tisch liegen und ganz zum Schluss krieg ich dann auch mal ’nen Happen ab. Blöd.
Was soll’s. Ich will mich nicht beschweren, ich bin immerhin auf Europatour – welcher Goldi kann das schon von sich sagen. Grüße an all meine Geschwister, die verteilt in ganz Deutschland leben. Vielleicht hab ich auch schon Neffen und Nichten und weiß nix davon. Ich muss mal wieder mit meiner Mama quatschen, wenn wir in der Nähe sind.
Liebe Grüße aus Budapest, Eure Charlie.
Charlie, du schreibst ganz wunderbar. Weiter so. Man hat das Gefühl, mit an Bord zu sein. Hoffentlich Kriegst du von deinem Rudel auch mal nen Knochen zum knabbern.