4. Oktober 2017: Nach dem Tag der Deutschen Einheit kam unser „Tag der großen Freiheit“. Abfahrt. Bus fertig, Haus ausgeräumt, alles gepackt. Fahrt zu meiner Ma nach Köln zum Verabschieden und dann weiter zu Andis Eltern, wo wir geblieben sind, weil es zu spät war, einen Stellplatz zu finden. Und weil wir uns vielleicht doch noch etwas drücken vor dem finalen Go – es fällt uns – wie auch den Kindern schwer, nicht zu wissen, wo wir am nächsten Tag sein werden. 108 Kilometer.
5. Oktober 2017 – Start bei Andis Eltern bei strömenden Regen. Fast den ganzen Tag Dauerregen. Durch Wipperfürth, Bergisches Land ind den Westerwald, Limbach, wo wir noch Führerschein und Klettersachen abgeholt haben. Weiter bis ins Naturpark Kellerwald/Edersee. Schön. Fachwerkhäuser. Erstes mal gefragt, ob wir bei jemandem am haus übernachten können. Netter Mensch, hat uns zum Festplatz geschickt, wo wir übernachtet haben. Battenberg an der Eder, Hessen. 216 Kilometer weiter.
Wie oft hatte ich mir diesen Augenblick ausgemalt – Tür zuziehen, Wagen zünden, eine Richtung einschlagen, losfahren. Und wissen, dass wir nicht in drei Wochen zurück müssen, sondern gefühlte Ewigkeiten Zeit haben. Dann kam der Startschuss und der Wagen rollt tatsächlich los. Es soll in Livs Lieblingsland gehen: Südosten!
Liv hat uns mit ihren leuchtenden Augen angesteckt. Sie träumt seit Jahren von diesem sagenumwobenen Land namens Südosten. „Ist es da warm?“ fragt mich Livi oft, als müsste ich die Antwort wissen. „Da ist es schön!“ stellt sie direkt darauf fest. Da sie genau zu wissen scheint, wo ihr Heil zu finden ist und der Wetterbericht dem nichts entgegen zu stellen hat, schauen wir, wie wir möglichst geschmeidig erst nach Osten, dann in den Süden kommen.
6. Oktober 2017 – Gerade liegt die erste Nacht im T3 hinter uns. Wir sind in Battenberg in Hessen gelandet. Landschaftlich Ederbergland. Eine kleine Stadt, viel Fachwerk, rings herum Wälder, viele Buchen. Wie oft haben wir uns vorgestellt, wild zu stehen. Gestern dann das erste Mal die Situation: Wir klingeln an einem Haus, fragen, ob wir auf dem kleinen Parkplatz daneben übernachten dürfen. Mit dem Faltdach fallen wir auf, ob wir wollen oder nicht, daher ist es besser zu fragen, als zu riskieren, dass nachts jemand an die Tür klopft und bittet, dass wir das Feld räumen. Versuch gelungen: Netter Mann, rät uns aber, auf den Festplatz von Battenberg zu fahren, da gebe es einen Stellplatz, abgelegen, ruhig.
Gefunden und übernachtet. http://www.promobil.de/stellplatz/stellplatz-an-der-festhalle-588f1f4b721d54a528160a80.html
Wir haben zwei Prämissen für die Fahrt: Keine Autobahnen und möglichst selten auf Campingplätzen stehen. Tatsächlich merkten wir gestern Abend alle, dass wir ein wenig Schiss haben davor, in dem mickrigen T3 draußen auf freier Flur zu übernachten.
Ich glaube, so richtig geschlafen hat diese Nacht nur Liv. Fannie wurde wach, weil sie schlechte Träume hatte, Paul war’s zu kalt, um oben liegen zu bleiben. In meinen Ohren dröhnte jedes Auto auf der nahe gelegenen Landstraße und jedes Flugzeug, das über uns hinwegschoss. Es stürmte und regnete dermaßen, dass es ordentlich am Bus rüttelte. Draußen kam irgendwann nachts ein Auto und alle waren in Hab-Acht-Stellung. Wir müssen uns erst daran gewöhnen, dass die Welt um uns rum gut ist.
Heute nacht lag ich wach im Zelt oben im Bus und dachte bei mir, dass ich einen neuen Hashtag kreieren werde #realvanlife. Weich gespülte Bilder sind wunderbar. T3-Romatik unerlässlich. Aber die Realität verdient auch eine eigene Seite.
#realvanlife bisher: Unglaublich, dass tatsächlich fünf Leute plus Hund in diesem Bulli Platz finden. Ohne beste Organisation läuft hier drin nix. Andi wird beizeiten erklären, wie er den Bus zu einem Großraumtaxi umgebaut hat. Die Kids sind unendlich glücklich. Während ich schreibe, müssen Paul und Fannie oben lernen, Liv malt, Andi sucht ein Ziel für heute Abend.
Journey has just started!